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Weinen bei der Eingewöhnung & bei Trennungen - Was steckt dahinter?

Aktualisiert: 12. Okt. 2021

Da sehr häufig die Frage aufkommt, ob eine Eingewöhnung ohne Weinen funktionieren kann und wenn ja wie, möchte ich heute ein bisschen näher auf das Weinen während der Eingewöhnung / einer Trennung eingehen:


Je nach Alter des Kindes bei Eintritt in die Kita signalisiert ein Kind mit Weinen ja verschiedenes. Kinder, die z.B. schon sprechen können, werden vermutlich auch erst ihre Sprache nutzen, um ihren Unmut zu äußern, anstatt gleich zu weinen, außer das Kind hat z.B. Schmerzen oder ist wirklich sehr traurig. Somit kann man mit einem älteren Kind eher in den Dialog gehen und über z.B. Gefühle oder Ängste reden. Das erleichtert die Eingewöhnung natürlich.


Bei Kindern, die noch nicht sprechen können ist es ein bisschen schwieriger ein Weinen einzuschätzen und richtig zu interpretieren. Vor allem als Bezugserzieher:in, wenn man das Kind noch nicht so gut kennt und die Signale des Kindes einfach noch nicht so gut deuten kann. Ein Weinen des Kindes ist dann nicht mehr so einfach zu entschlüsseln und genau da liegt das Problem, denn viele Eltern spüren das es ihrem Kind während der Trennung nicht gut geht und würden auf ihr Bauchgefühl hören und entsprechend handeln. Wenn sich dann aber die pädagogische Fachkraft gegen das Bauchgefühl ausspricht und das Weinen des Kindes verharmlost oder sogar als Manipulation betitelt, dann kann das Eltern extrem verunsichern und verwirren. Daher zeigen so pauschale Aussagen wie etwa "Dass ein Kind bei der Trennung weint ist gut, das zeigt den Schmerz, den Loslösungsprozess" oder "Ein Kind muss bei der Trennung weinen, dass ist normal und wichtig!" nur, dass die Erzieher:innen den (Eingewöhnungs) Prozess nicht individuell sondern allgemein betrachtet und das hierbei vergessen wird, dass jedes Kind ein Individuum ist, seinen eigenen Entwicklungsstand- und sein eigenes Tempo hat.


Daher finde ich es schon mal sehr schwierig, wenn Erzieher:innen so verallgemeinernde Aussagen über das Weinen aussprechen.


Weinen ist immer ein Zeichen von "HIER STIMMT WAS NICHT!"


Also hinter jeder Träne steckt tatsächlich eine Ursache (vielleicht ein unerfülltes Bedürfnis, Wut, Frust, Angst). Im Fall einer Eingewöhnung ist es häufig der Trennungsschmerz, die Angst vor dem Alleinsein und das fehlende Sicherheitsgefühl. Also haben die Tränen einen triftigen Grund. Und dieser sollte auch Ernst genommen werden. Eltern müssen hier abwägen, ob sie glauben, dass die Erzieher:innen dem Kind ein Gefühl von Sicherheit vermitteln könnten oder ob das Kind einfach noch zu wenig Beziehung zu den Bezugserzieher:innen aufbaut hat. Je nachdem sollten Eltern bleiben oder eine erste Trennung zulassen. Wenn ein Kind nach vier Tagen zu seinem:r Bezugserzieher:in noch keine Beziehung aufgebaut hat und sich daher mit allen Mitteln gegen eine Trennung wehrt, dann sollte das auch von beiden Seiten - Erzieher:in und Eltern - ernst genommen werden.


Kinder müssen erst eine Beziehung - Vertrauensbeziehung zu den Bezugserzieher:innen aufbauen. Sie müssen erkennen und verstehen lernen, dass diese sie auch trösten und auffangen können. Denn für die erste Trennung benötigen Kinder jemanden an ihrer Seite, dem sie vertrauen, mit dem sie durch das Tal der Tränen gehen können und mit dem sie gemeinsam diese Situation meistern. Letztlich ist nicht das Weinen das Problem, sondern die Tatsache, dass Kinder sich nicht beruhigen lassen, da sie zu den Bezugserzieher:innen noch keine Beziehung aufgebaut haben.


Vermutlich gehören Tränen einfach zum Kindergartenalltag dazu. Und Tränen sind auch nicht schlimm. Tränen zeigen uns Erwachsenen, dass es dem Kind nicht gut geht und sie helfen dem Kind bestimmte Gefühle abzubauen. Tränen reinigen. Tränen heilen. Und im Alltag einer Kita laufen immer wieder mal Tränen.


Auch zu Hause laufen Tränen und dann reagieren wir meistens wie?

Wir gehen zu unseren Kindern und schenken Trost, wir nehmen unsere Kinder auf den Arm und zeigen ihnen Verständnis, schenken ihnen Geborgenheit und Sicherheit. Körperkontakt, Nähe und einen feinfühligen Umgang brauchen die meisten Kinder dann. Und bei einer Eingewöhnung - beziehungsweise bei den Trennungen (v.a. bei der ersten) - benötigen Kinder das auch.


Sicherheit - Geborgenheit - Verständnis.


Dazu benötigt die zwischenmenschliche Beziehung Erzieher:in & Kind einfach ein bisschen Zeit. Manche Kinder brauchen mehr Zeit, um Vertrauen zu anderen aufzubauen, andere sind da schneller. Manchmal fällt es auch einem:r Erzieher:in nicht leicht zu einem Kind durchzudringen. Manchmal sind Erzieher:innen verunsichert oder die Eltern strahlen starke Unsicherheit aus. All das ist menschlich. Keine Eingewöhnung läuft nach Schema F ab, sondern jede Eingewöhnung ist etwas besonderes, an die beteiligten Personen gebunden, weil es ein Prozess zwischen mind. drei Personen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten ist. Daher kann keine Eingewöhnung nach Plan verlaufen oder nach einem bestimmten Modell. Diese Modelle sollten immer nur eine grobe Anleitung, eine mögliche Herangehensweise darstellen, dabei aber immer Raum für Persönlichkeit und Einzigartigkeit lassen.


Das solltest du immer bedenken, wenn du als Erzieher:in oder Elternteil in einer Eingewöhnung steckst, dann denk daran, dass keine Eingewöhnung der anderen gleicht. Vergleiche bringen hier gar nichts. Und Aussagen von Erzieher:innen wie "das mache ich schon seit 40 Jahren s0, hat bisher immer funktioniert!" oder "so läuft das hier immer ab", zeigen, dass die Eingewöhnung mit diesem/r Erzieher:in nicht individuell verlaufen wird, sondern vermutlich dann doch nach Schema F.


Wer das nicht möchte, sollte das ansprechen. Fragt in den diversen Vorgesprächen (Aufnahmegespräch) bei den Erzieher:innen nach.

Wie läuft die Eingewöhnung?

Ist sie individuell?

Wieviel Zeit bekommt ihr?

Wann wird eine Trennung vorgenommen?

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Wann bricht man eine (v.a.) erste Eingewöhnung ab?

Was mutet man sich und seinem Kind zu?

Was ist wenn ihr die erste Trennung abbrechen musstet?

Was, wenn ein geplantes Zeitfenster nicht eingehalten werden kann?



Es gibt so viele Fragen, die du als Elternteil vorab mit dir und mit dem Erzieher:innen-Team klären musst, damit du gestärkt in deiner inneren Haltung die Eingewöhnung individuell gestalten und umsetzen kannst. Je sicherer du bist, je gefestigter deine innere Haltung ist und je genauer du weißt, was du zulässt und was nicht, desto eher wirst du dich für dich und dein Kind in schwierigen Situationen einsetzen. Mach dir also vorab Gedanken darüber, wann du dein Kind Weinen lässt und wann du dein Kind trösten möchtest. Mit Weinen lassen meine ich, wann du dem:r Erzieher:in das Zepter übergibst, um dein Kind beim Weinen zu begleiten.


Zurück zum Weinen:

Vorab sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass Weinen nicht immer etwas Schlechtes ist. Für uns Erwachsene ist Weinen vermutlich mit Schmerz, mit Trauer oder Wut verbunden und diese Gefühle wollen wir unseren Kindern am liebsten ersparen. Aber das wäre gänzlich kontraproduktiv und nicht gut für unsere Kinder. Kinder müssen - im geschützten Rahmen - jedes Gefühl kennen und leben lernen. Wir können unseren Kindern den Frust nicht ersparen, den sie erleben, wenn sie vom Spielplatz heim sollen oder wenn wir sie wickeln. Wir können ihnen auch nicht die Angst abnehmen, die sie vor lauten Geräuschen oder Ärzt:innen haben. Ihr versteht, worauf ich hinaus will, oder? Wir können unseren Kindern den Weg nicht frei machen und jede Hürde beseitigen, denn so lernen Kinder nicht mit ihren Gefühlen umzugehen. Sie könnten keine Alternativen ausprobieren und selbst entdecken, was ihnen gut tut.


Manche Kinder weinen, andere schreien und wiederum andere ziehen sich zurück, wenn sie intensive Gefühle erleben. Und das ist vollkommen in Ordnung so, da jeder anders mit Gefühlen umgeht, daher sind Tränen auch vollkommen in Ordnung. So lange sie von uns Erwachsenen begleitet werden. Und gleiches gilt nun mal auch für die Eingewöhnung.


Keiner sagt, dass Kinder nicht weinen dürfen/sollen, sondern Kinder sollen in ihrer Trauer begleitet werden können und das geht nun mal nur, wenn sie der neuen Bezugsperson vertrauen und sich in deren Umgebung sicher fühlen. Und dieser Prozess ist nicht vorhersehbar, sondern ganz individuell. Soll heißen, dass man nicht am ersten Tag festmachen kann, wann die erste Trennung stattfinden kann, sondern dass man diesen Kennenlernprozess erstmal beobachten muss und schauen muss, wie sich das Kind in der neuen Umgebung zurecht findet.


Wird ein Kind zu früh von MaPa getrennt, dann protestiert es natürlich! Dann lässt es sich auch kaum beruhigen, dann ist der/die Bezugserzieher:in kein sicherer Hafen für das Kind. Dann sollte die Trennung abgebrochen werden. Kann das Kind mit dem:r Erzieher:in zusammen die erste Trennung meistern, also lässt sich das Kind schnell beruhigen, dann ist die erste Trennung positiv und erfolgreich verlaufen.


Nun kann es vorkommen, Nein, es kommt häufig vor, dass Kinder eine ganze Zeit lang noch bei jeder Verabschiedung / Trennung weinen. Auch hier darf ein Kind Weinen - im Grunde ist es Bindungsverhalten. Das Wichtige ist, dass die Erzieher:innen das Kind auffangen und trösten können, der/die Bezugserzieher:in zu einem sicheren Hafen wird. Und nach einiger Zeit sind das die meisten Erzieher:innen für die Kinder. Daher weinen viele Kinder zwar bei der Übergabe, aber beruhigen sich dann ganz schnell. Dieses Weinen bei der Übergabe kann phasenweise immer mal wieder auftreten und hängt auch einfach mit Stimmung und Tageslaune oder bestimmten Veränderungen zusammen. Je nachdem, wie stark hier das Kind weint (Liebe Eltern, ihr seid die Experten eurer Kinder!) muss man manchmal auch einfach noch mit einem 4,5 jährigen Kind noch mal in die Gruppe und Unterstützer und Begleiter sein, bis das Kind bereit ist, allein dort zu bleiben. Solche Phasen gibt es.


Betonen möchte ich noch, dass Eltern dem (Eingewöhnungs)Prozess mit ihrer Anwesenheit nicht im Weg stehen. Ihr verhindert auch keinen Beziehungsaufbau. Ihr seid die erste Zeit der notwendige sichere Hafen, der Trostspender und der Bodyguard.

Ich habe es ja schon sehr oft beschrieben:

Kinder explorieren ihre Umgebung dann, wenn sie sich sicher fühlen (Kreis der Sicherheit). Sobald sie sich unsicher fühlen, kehren sie zu ihrem sicheren Hafen zurück und tanken Kraft. Fühlen sie sich wieder geborgen, erkunden sie wieder ihre Umgebung. Während einer Eingewöhnung läuft es genauso. Wenn sich das Kind sicher fühlt, dann kann sich das Kind auch den Erzieher:innen öffnen und eine Beziehung aufbauen. Wenn Eltern rausgeworfen werden, weil die Meinung vorherrscht, dass Eltern den Eingewöhnungsprozess nur unnötig in die Länge ziehen würden, dann werden Kinder ins "kalte Wasser" geschmissen, sich selbst überlassen und dann MÜSSEN sie im Eiltempo neue Beziehungen aufbauen, damit sie ihr notwendiges Sicherheitsgefühl erhalten. Also so ist der Beziehungsaufbau nur Mittel zum Zweck und nicht wirklich gut. Viele Kinder passen sich dann einfach an, irgendwann dann bauen sie auch eine Beziehung auf. Aber es nun mal auch anders - ist dann zwar mit mehr Zeit, Aufwand und Organisation verbunden, aber es ist KINDGERECHT.


Fazit dieses Blogbeitrags:

Weinen ist nichts, das wir vermeiden müssen. Weinen hilft Kindern, ihre Gefühle auszudrücken und Anspannung abzubauen - es ist wie ein Sprachrohr ihrer Gefühle. Eltern sollten ihre Kinder so lange begleiten können wie nötig und Tränen ihrer Kinder auch zulassen. Wenn Kinder während der Eingewöhnung weinen (und das kommt bei fast jedem Kind irgendwann vor), dann fühlt euch nicht schlecht, habt kein schlechtes Gewissen, denn ihr begleitet euer Kind entweder davor oder danach. Währenddessen begleitet hoffentlich der/die Erzieher:in das Kind. Manches was in der Kita passiert, können wir nicht ändern (z.B. auch nicht unbedingt das Strafpuzzeln oder den stillen Stuhl), aber wir können alles auffangen (Nachmittags, nach der Kita: Erlebtes aufarbeiten, darüber sprechen, Rollenspiele, Symbolspiele, Kuscheln usw.).

Zudem müssen Eltern zu den Erzieher:innen Vertrauen aufbauen und ihren Kindern eine partnerschaftliche Zusammenarbeit vorleben. Wenn Kinder sehen, dass du MaPa dem/r Erzieher:in vertraut, dann fühlt das Kind dieses Vertrauen und dem Kind fällt es leichter selbst zu vertrauen.

Erzieher:innen können Tränen begleiten, wenn sie eine Beziehung zum Kind aufgebaut haben und das benötigt Zeit - individuell.


Daher sollte jede Eingewöhnung individuell gestaltet werden und nicht nach Schema F verlaufen.


Ich glaube in der Praxis sind Tränen kaum (nicht) zu vermeiden, da es einfach eine schmerzhafte Erfahrung ist, wenn MaPa gehen und Kinder in diesem Alter nur ein Gefühl fühlen können (sie können nicht gleichzeitig Freude verspüren, dass sie ihre Freunde sehen und den Trennungsschmerz somit überbrücken), sondern sie fühlen immer das intensivere Gefühl - in diesem Zusammenhang dann Trauer. Daher weinen viele Kinder bei der Übergabe und beruhigen sich dann relativ schnell. Während der Eingewöhnung bauen die Kinder auch (individuell) eine Beziehung zu ihren Bezugserzieher:innen auf, aber wenn MaPa gehen, dann ist das eine schmerzhafte Situation, weil ihr ja der sicherste Hafen seid. Ihr seid die Nummer 1. Bei euch will das Kind bleiben.

Wenn ihr geht, dann hilft dem Kind weinen, da weinen die Gefühlslage zeigt und dem Kind hilft, mit dem Schmerz zurecht zu kommen. So lange ein Kind sich nicht panisch an euch festklammert und wirklich brüllt, müsst ihr ein Weinen nicht sofort vermeiden (der/die Erzieher:in ist ja da), wenn ihr das Gefühl habt, dass euer Kind in der Gruppe eigentlich gut angekommen ist.


Hast du dazu Fragen? Dann schreib mir.



Liebe Grüße,


Lina



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